Windenergieanlagen am Hotzenwald-Hang

Georg (Jacques) Liehr 

20. Juli 2025

Egal, was man von der Windkraft grundsätzlich hält, Pilotinnen und Piloten können gar nicht anders und werden immer gegen Windenergieanlagen im direkten Umfeld von Flugplätzen sein. Im Jahr 2012 und danach musste die LGH befürchten, dass in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes Hütten/Hotzenwald Windenergieanlagen gebaut werden. Jacques hat sich seinerzeit um das Thema gekümmert und schildert hier für uns seine Sicht auf die Vorgänge.

Aufgrund politischer Ausrichtungen zum Ausbau der Windkraftnutzung in ganz Deutschland zeichnete sich 2012 ab, dass am Westhang des Hotzenwaldes, also dem Hang der Segel- und Gleitschirmflieger, ein Vorranggebiet für Windenergieanlagen (WEA) ausgewiesen werden soll. Die Zuständigkeit für die Ausweisung der Vorranggebiete im südlichen Baden-Württemberg wurde dem Regionalverband Hochrhein-Bodensee übertragen.

2013 konkretisierte es sich langsam

Windenergieanlagen, die zum Teil von grauen Wolken verdeckt sind.

Im Jahr 2013 nahmen die Planungen immer konkretere Formen an und 2014  wurden entsprechende Vorranggebiete im Einzugsbereich der Gleitschirm- und Segelflieger am Hotzenwald-Hang ausgewiesen. So waren im nördlichen Bereich unseres Segelfluggeländes mit einem Radius bis zu 7 km rund um Gersbach insgesamt bis zu neun WEAs angedacht. Desweiteren zeichnete sich ab, dass südlich und genau westlich unseres Segelfluggeländes ebenfalls 7 WEAs aufgrund der idealen Windhöffigkeit möglich wären und entsprechende Vorranggebiet ausgewiesen wurden. Drei Anlagenstandorte wurden jedoch wieder fallen gelassen, da diese offensichtlich zu nahe am Segelfluggelände waren bzw. sich direkt im Endteil auf die Piste 11 befanden. In einem Fall erwies sich zudem die Zuwegung als zu kostenintensiv und hätte einen enormen Eingriff in die Natur dargestellt. Sollte jemals die Errichtung an allen Standorten vorgenommen werden, würde dies die Segelflugausbildung, wenn nicht sogar den Luftsport insgesamt am Hotzenwald unmöglich machen. Das war die Ausgangslage 2014.

Am Fuße des Westhanges am Hotzenwald liegt die Gemeinde Wehr, deren Gemeindegrenze bis knapp unterhalb der Hangkante reicht. Alle geplanten Standorte wären von der Gemeinde Wehr aus deutlich sichtbar gewesen und hätten das Landschaftsbild um Wehr herum erheblich nachteilig beeinträchtigt. Deshalb regte sich im Gemeinderat Wehr zunehmend Widerstand, der maßgeblich von Bürgermeister Thater angeführt wurde. Die Gemeinde Wehr wäre stark betroffen gewesen und hätte die Hauptlast ertragen müssen, ohne je einen wirtschaftlichen Nutzen zu erfahren.

Ein Vorstandswechsel in der LGH war aufgrund beruflicher Belastungen des noch amtierenden Geschäftsführers Yanick Richter gegeben. Eine Nachfolge war noch nicht gefunden. In der Jahreshauptversammlung im Februar 2014 stellte ich mich nach vorausgegangener 10-jähriger Amtsführung und anschließend 5 Jahren Pause nochmals als Geschäftsführer zur Verfügung. Es war die Sorge, dass durch eine nur kommissarisch besetzte Position des Geschäftsführers die Interessen der LGH und somit die des Segelfluges auf dem Hotzenwald nach Außen hin nicht wirkungsvoll vertreten werden könnten. Dies hat mich dazu bewogen, erneut zur Verfügung zu stehen. Gemeinsam mit dem gesamten LGH-Vorstand unter Einbeziehung der Ortsgruppen sowie juristischer Begleitung durch unser Mitglied Dieter Kupka wurde nun eine Strategie erarbeitet um die Positionen und Interessen der LGH zu vertreten. Es zeichnete sich ab, dass wir als Betreiber und Eigner des Segelfluggeländes keinen wirksamen Einfluss auf die Errichtung der WEAs rund um Gersbach hatten. Die Errichtung der acht Anlagen um Gersbach erfolgte in den Jahren 2016 und 2017. Um die Unterstützung gegen die Errichtung von WEAs am Hotzenwaldhang durch die Gemeinden Wehr und Rickenbach zu gewinnen, wurde es uns ermöglicht, die Interessen der LGH in einer Gemeinderatssitzung mittels Präsentation ausführlich darzulegen. Eine Mehrheit der Gemeinderäte zeigte sich aufgeschlossen und bezog schlussendlich auch klar Position für die LGH und unterstütze somit unsere Interessen, die Errichtung von WEAs am Hotzenwald-Hang zu verhindern.

Die Tragfläche eines Segelflugzeugs, darunter Landschaft und Wälder mit Windkraftanlagen.

Auf der Suche nach Unterstützung

Windräder auf einem Hang oben.

Nichtsdestotrotz blies uns anfänglich ein noch kräftiger Gegenwind aus dem Regierungspräsidium Freiburg als unterste Luftaufsichts- und somit als Mitgenehmigungsbehörde entgegen.

Die Kontaktaufnahme mit dem Baden-Württembergischen Luftfahrtverband (BWLV) war ein weiterer Schritt. Während der BWLV seinen Einfluss auf Ebene der Landesregierung zugunsten des  Luftsports in Baden-Württemberg weiter voran trieb, wurde die LGH mit insgesamt zwei Informations-Veranstaltungen in 2015 für Mitglieder und interessierte Bürger der Gemeinden Wehr und Rickenbach durch den BWLV-Beauftragten für WEA, Hans-Jörg Jung, kompetent unterstützt. Es gelang, die Anwohner in diesem Thema weiter zu sensibilisieren und ebenfalls für den Widerstand gegen die WEAs am Westhang des Hotzenwaldes zu gewinnen.

Der Gegenwind aus dem RP Freiburg wendete sich unerwartet deutlich, als die Björn-Steiger-Stiftung Ende 2015 der Behörde Pläne vorlegte, die Stationierung eines Rettungshubschraubers auf unserem Segelfluggelände einzurichten. (Dazu in einem anderen Bericht mehr.)

Eine kleine Investorengruppe (die Hotzen-Power-Wind GmbH) beabsichtigte zielstrebig südlich des Segelfluggeländes bis zum Bergalinger Fernsehturm insgesamt vier WEAs mit einer Nabenhöhe von 160 m bzw. einer Blattspitzenhöhe von über 200 m ü. GND zu errichten. Im Zuge dieser Planungen wurden Windmessungen während eines 12-monatigen Beobachtungszeitraum eingerichtet. Ergebnisse dieser Messungen sind mir nicht bekannt. Des weiteren wurden von Frühling bis Herbst 2016 durch eine Ornithologen-Gruppe Vogelbeobachtungen vorgenommen. Just zu dieser Zeit zeigte sich zur damaligen Zeit der noch sehr vom Aussterben bedroht geltende Rote Milan täglich zuhauf in dem vorgesehen WEA-Planungsbereich. Auch wurden sehr zahlreiche Nistplätze registriert. Ahnte die Vorgelwelt von diesen Planungen und wollte uns als Freunde der Lüfte unterstützen? Oder war es „nur“ eine zeitlich wiederkehrende große Mäusepopulation, die die Milane als Nahrungsquelle anzog? Eine Antwort darauf werden wir wohl nie erhalten …

Ganz am Rande: ein verfressener Hund

Es gelang uns, zu den Ornithologen ein gutes, neutrales Verhältnis aufzubauen. Hierbei ereignete sich eine kleine Anekdote, die ich hier am Rande gerne einflechten möchte: eines Tages spazierten meine Frau und ich mit unserem Hund vom Segelfluggelände aus an der Hangkante entlang Richtung Fernsehturm und trafen dort „meinen“ Kontaktmann an. Das Thema war natürlich die beobachtete Häufigkeit des Milan-Vorkommens. Unser Hund Balu langweilte sich und machte sich unbemerkt an der Vespertasche des Ornithologen zu schaffen. Es muss ihm vortrefflich geschmeckt haben. Erst als er fast die ganze Vespertasche ausgeräumt hatte wurde sein Tun bemerkt. Mit Gott sei Dank viel Gelächter und mit großer Gelassenheit und Humor reagierte der Ornithologe und verzieh unserem Balu sein Tun! Dem Verhältnis zwischen ihm und uns Segelfliegern tat dies keinen Abbruch.

10 Windräder auf kleiner Waldfläche

Ein gutes Ende

Soweit mir bekannt ist, wurde wegen des starken Milan-Aufkommens und auch wegen dem Durchflug einer bedrohten Vogelart (Kraniche?) zu ihrem Winterquartier im Spätsommer ein Bescheid bezüglich WEA-Standort mit Vorbehalten ausgestellt. Die scheinbar gute Windhöffigkeit magerte durch die sich geänderte Position der Luftaufsichtsbehörde und auch wegen der ornithologischen Beurteilung zur „WEA-Flaute“ ab. Ein letzter Versuch der Investorengruppe, sich mit uns Segelfliegern direkt in einem Kompromiss zu einigen, scheiterte. Das Projekt WEA am Westhang des Hotzenwaldes wurde meiner Kenntnis nach seither nicht weiter verfolgt.